Automatisierung bei ebm-papst
Luft nach oben: genutztWie lässt sich gute Versandlogistik noch besser gestalten? Diese Frage stellte sich der Ventilatoren- und Motorenprofi ebm-papst am Standort Mulfingen – und hat mithilfe von Linde-Know-how einen manuellen Warenflussprozess komplett automatisiert. Das Projekt lief so gut, dass nicht nur das geforderte Transport-Volumen übertroffen wurde; auch weitere Automatisierungskonzepte sind nach dem gelungenen Debüt bereits in Planung.
„Effizienz liegt in der Natur einer Strömung“, heißt es im bildgewaltigen Imageclip des Luft- und Antriebstechnik-Spezialisten ebm-papst. Ein Satz, der einleuchtet – selbst ohne Physikdiplom. Warum sollte ein Luftstrom schließlich von sich aus einen Umweg nehmen? Und dennoch muss man ihn manchmal bewusst führen, so wie es die über 20.000 Produkte des Innovationsführers weltweit tun: Damit der Server unter Volllast kühl bleibt, die Dunstabzugshaube Gerüche nach draußen befördert, die Lebensmittel im Supermarkt gut gekühlt bleiben oder die Lüftungsanlage für einen optimalen Luftaustausch im Gebäude sorgt. Gewissermaßen kann man dieses Prinzip auch auf die Intralogistik übertragen. Ein Staplerfahrer nimmt eine Palette von der Verpackungslinie und fährt damit direkt zu den 30 Meter entfernten Abgabepunkten – zigmal pro Schicht, fünf Tage die Woche. Per se effizient, aber ginge es denn nicht noch besser?
„Als unser neues Versandzentrum 2017 hier in Mulfingen-Hollenbach den Betrieb aufnahm, haben wir uns schnell diese Frage gestellt“, erinnert sich ebm-papst-Logistikleiter Tobias Arndt. Immerhin lief der Prozess stets gleich ab. Und für stark standardisierte Vorgänge in der Produktion oder dem Hochregallager setzt das Familienunternehmen schon seit Langem automatisierte Lösungen ein. „Da lag es quasi auf der Hand, auch für diesen logistischen Prozess etwas Vergleichbares zu implementieren“, erzählt Arndt, „weil es sinnvoller ist, den eigentlich überqualifizierten Mitarbeiter auf dem manuellen Stapler an anderer Stelle im Unternehmen bei einer wertschöpfenden Tätigkeit einzuplanen.“ Wieder so ein Satz, der einleuchtet – selbst ohne Wirtschaftsdiplom.
Gefragt, geplant, getan
Auf der Suche nach geeigneten Konzepten wurde ebm-papst schließlich, nach guten Erfahrungen bei der Geräte-Ausstattung für Produktion, Schmalganglager und Versand, beim Linde-Netzwerkpartner Hofmann Fördertechnik fündig. „Eine statische Förderbandlösung kam nicht infrage, weil wir den Weg in der Halle nicht zerschneiden wollten“, beschreibt Arndt die Ausgangslage. Denn das Umfeld der betreffenden Verpackungslinie 4 und der beiden Übergabepunkte ist stark frequentiert: Staplerfahrer und Fußgänger kreuzen während des Dreischichtbetriebs ständig die Route. „Außerdem war es unser Ziel, größere Umbauarbeiten wie die Verlegung von Schienen oder Ähnlichem zu vermeiden“, ergänzt der Logistiker. „Der Kunde wusste also ziemlich genau, was er nicht wollte“, erzählt Alessandro Zuccala mit einem Augenzwinkern, der als Leiter Intralogistik von Hofmann das Projekt bei ebm-papst betreute.
Den Startpunkt markierte zunächst eine zahlen- und faktenbasierte Analyse anhand der wichtigsten Zielparameter wie etwa des geforderten Transportvolumens pro Stunde. Anknüpfend daran führten Zuccala und seine Kollegen einen Proof of Concept durch, in dessen Rahmen die avisierte Lösung – ein automatisierter Hochhubwagen Linde L-MATIC – über mehrere Tage vor Ort getestet wurde.
„Das war für uns extrem wichtig“, bestätigt seitens ebm-papst der Projektleiter Markus Zink. „So konnten wir mit eigenen Augen sehen, dass das Konzept nicht nur auf dem Papier oder bei anderen Firmen funktioniert, sondern auch in unserer Versandhalle.“ Dazu legten die Anwendungsingenieure von Hofmann zunächst eine digitale Karte der Lagerumgebung an, auf deren Basis sich der Linde L-MATIC an bestimmten Fixpunkten orientiert und keine weitere Infrastruktur wie Reflektoren und Co. benötigt. Das ist deshalb praktisch, weil sich die Fahrwege im Nachhinein unkompliziert anpassen lassen, falls sich die Rahmenbedingungen ändern sollten. Ebenfalls Teil der Machbarkeitsstudie waren die Testläufe mit den mehr als 20 unterschiedlichen Ladungsträgern, auf denen die Verpackungslinie 4 ihre Produkte ausgibt. „Manche Ventilatoren und Motoren müssen von der Verpackungsanlage an den Übergabepunkt fürs Hochregallager transportiert werden, andere zum Abnahmepunkt für den Direktversand“, erläutert Projektleiter Markus Zink. „Unsere Lösung sollte natürlich beide Fälle abdecken können“, ergänzt Hofmann-Experte Alessandro Zuccala. Damit das in der Praxis funktioniert, musste der automatisierte Hochhubwagen Linde L-MATIC mit den nötigen Informationen versorgt werden – eine komplexe Programmieraufgabe, die Hofmann-Fördertechnik gleichfalls in seine Hände nahm. Über das ebm-papst-Firmennetzwerk wurde das Linde-Gerät dabei an das interne SAP Extended Warehouse Management (EWM) System angebunden. „Dass unser Linde-Netzwerkpartner uns von der Planung über die Geräte bis hin zur softwareseitigen Anbindung alles aus einer Hand geliefert hat, war für uns ideal“, bringt es Markus Zink auf den Punkt.
Automation, perfekt integriert
Seit März 2020 drehen insgesamt drei Linde L-MATIC bei ebm-papst ihre Runden, nehmen Paletten vom Förderband und transportieren sie zum jeweiligen Abnahmepunkt – extrem effizient und ohne, dass dabei menschliche Arbeitskraft gebunden wird. „Die Aufträge übermittelt unser SAP EWM bereits an die Geräte, noch bevor das Packstück am Ende der Verpackungslinie angekommen ist, sodass sie frühzeitig losfahren können“, erklärt Projektchef Markus Zink. Unterwegs zu den Übergabepunkten projizieren die Fahrzeuge zwei deutlich sichtbare rote LED-Streifen seitlich und – bei Rückwärtsfahrt – dank Linde TruckSpot™ ein großes Warndreieck auf den Hallenboden. „Weil die Geräte hier mit anderen Fußgängern und Staplerfahrern agieren, haben wir der Sicherheit höchste Priorität eingeräumt“, betont der ebm-papst-Mitarbeiter. Aus demselben Grund wurden die Flurförderzeuge außerdem mit einer separat installierten Combox vernetzt. Sie sendet etwa im Fall eines Hallenbrandes ein direktes Signal, sodass die Linde L-MATIC ihre Arbeit unterbrechen, keine Fluchtwege verstellen oder Rettungskräfte behindern.
Ebenso problemlos wie die Zusammenarbeit mit den menschlichen Kollegen klappe das Laden der Lithium-Titan-Oxid-Geräte (LTO). Zink erläutert: „Hofmann hat hier eine neue Ladestation mit beweglicher Kontaktplatte installiert, die die Linde L-MATIC-Geräte selbsttätig, also zum Beispiel in den Schichtpausen, ansteuern. So kommen wir mit den drei Fahrzeugen sogar in Hochzeiten problemlos über die Schichten.“ Und wenn ein Gerät doch mal streikt? „Dann sind unsere Leute zur Stelle“, beantwortet Alessandro Zuccala von Hofmann. Per Fernwartung könne sich zum Beispiel einer unserer Hofmann-Spezialisten auf das Gerät schalten und so bei Softwareproblemen unkompliziert weiterhelfen, ohne dass dafür externe Experten hinzugezogen werden müssen. „Klarer Pluspunkt an dieser Stelle“, bilanziert ebm-papst-Logistikleiter Tobias Arndt. Apropos Pluspunkt: Statt der ursprünglich angefragten Kapazität von 36 Transporten pro Stunde leisten die L-MATIC-Geräte heute in der Spitze bis zu 50, bei einer Verfügbarkeit von nahezu 100 Prozent. Arndt: „Das nenn‘ ich mal effizient.“
ebm-papst Mulfingen GmbH & Co. KG
Die ebm-papst Mulfingen GmbH & Co. KG hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 1963 zum globalen Innovationsführer in den Bereichen Luft- und Antriebstechnik entwickelt. Von 29 Produktions- und 48 Vertriebsstandorten weltweit beliefert das Familienunternehmen Kunden unterschiedlichster Branchen mit maßgeschneiderten und energieeffizienten Lösungen – von Kompaktlüftern über Axial- und Radialventilatoren bis hin zu Gebläsen, Pumpen und kompletten Antriebssystemen. Für die Logistik am Hauptstandort Mulfingen vertraut der Ventilator- und Motorprofi auf Technologie und Know-how von Linde Material Handling und dem Linde-Netzwerkpartner Hofmann Fördertechnik. Aufgrund des großen Erfolgs mit dem 2018/2019 initiierten Automationsprojekt plant das Unternehmen bereits, zahlreiche weitere Transportaufgaben vor Ort zu automatisieren – und stellt seine Erfahrungen auch den weiteren deutschen Standorten in Landshut und St. Georgen zur Verfügung.